Das INWEND-Projekt war ein interdisziplinäres Forschungsvorhaben des Center for Informatics Research (CIRT) und des Instituts für Recht und Digitalisierung Trier (IRDT). In dem Projekt sollte untersucht werden, inwieweit mithilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz rechtliche Entscheidungsprozesse, und zwar konkret im Datenschutzrecht, unterstützt werden können. Hierzu wurde ein wissensbasiertes System konzipiert und prototypisch umgesetzt, das in der Lage ist, in einem eingeschränkten Teilbereich des Datenschutzrechts zu spezifischen Fragestellungen geeignete rechtliche Empfehlungen abzugeben.
Konkret wurde die sogenannte Haushaltsausnahme in Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO modelliert. Diese Vorschrift statuiert eine Ausnahme vom sachlichen Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung für den Fall, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine natürliche Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten erfolgt. Der Wortlaut der Vorschrift ist nebenstehend auszugsweise wiedergegeben.
Dem Prototypen liegt der folgende Ausgangsfall zugrunde:
Bürger B eröffnet einen Account bei Plattformbetreiber P, um sich über ein bestimmtes Thema auszutauschen. Auf der Plattform des P kann jeder Benutzer ein Kommunikationsforum zu einem beliebigen Thema eröffnen, um mit anderen Benutzern in Kontakt zu treten. Er kann insbesondere Fragen an diese Gesprächsgruppe richten, die andere Benutzer dann beantworten und diskutieren können; außerdem ist es möglich, andere Benutzer um die Teilnahme an einer Umfrage zu bitten und Rückfragen zu den Antworten anderer stellen. Der Forenersteller kann den Teilnehmerkreis des Forums schließlich nach bestimmten Kriterien beschränken und die Beiträge anderer ‚moderieren‘, also beispielsweise Antworten löschen oder Teilnehmer von der Diskussion ausschließen.
Die Diskussionsbeiträge der Teilnehmer in dem von B eröffneten Forum beinhalten personenbezogene Daten.
B fragt sich, ob ihn Pflichten aus der Datenschutz-Grundverordnung treffen.
Der Prototyp ist so gestaltet, dass der Anwender durch eine Reihe von Fragen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten geführt wird. Zu jeder Frage und den auswählbaren Antworten werden weitere Informationen angezeigt. Zudem kann der Anwender solche Fragen, hinsichtlich deren Beantwortung er sich unsicher ist, mit "keiner Angabe" beantworten. Nach Beantwortung der Fragen erhält der Anwender eine Zusammenfassung des von ihm eingegebenen Sachverhalts sowie eine Ersteinschätzung angezeigt. Sollte sich dabei ergeben, dass die Haushaltsausnahme in dem beschriebenen Fall voraussichtlich nicht eingreift, werden zusätzliche Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt.
Dieses Programm erlaubt lediglich eine erste, vorläufige Orientierung hinsichtlich der Rechtslage, die sich zudem auf eine isolierte Rechtsfrage beschränkt. Es kann eine Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen. Die Verantwortung für rechtskonformes Verhalten obliegt – unabhängig von dem angezeigten Ergebnis – ausschließlich dem Verwender.
(1) Diese Verordnung gilt für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung
personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in
einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.
(2) Diese Verordnung findet keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten
c) durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten,
...
Folgende Bedingungen müssen gegeben sein, damit eine Überprüfung der Anwendung der Haushaltsausnahme durchgeführt werden kann:
Es müssen personenbezogene Daten verarbeitet werden. Wenn sich dies zuverlässig ausschließen lässt, ist der sachliche Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung nach Art. 2 Abs. 1 DSGVO bereits nicht eröffnet, sodass sich jede weitere Prüfung erübrigt. Eine Verarbeitung personenbezogener Daten lässt sich beispielsweise ausschließen, wenn ausschließlich der Plattformbetreiber mit solchen Daten in Berührung kommt, diese aber nicht oder ausschließlich in einer Form an den Anwender weitergibt, die keinen Personenbezug mehr enthält – etwa bei anonymen Umfragen oder Statistiken, oder bei der bloßen Anzahl von „Likes“ oder dergleichen, sofern ein Rückschluss auf einzelne Personen nicht möglich ist.
Die Haushaltsausnahme in Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO ist ausdrücklich nur auf natürliche Personen anwendbar. Handelt der Anwender für eine juristische Person, eine Personengesellschaft, eine Behörde oder eine andere Institution oder Stelle, so kommt die Anwendung der Haushaltsausnahme nicht in Betracht. Somit bestehen Pflichten der DSGVO.
Die Haushaltsausnahme greift ausweislich Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO nur bei „ausschließlich persönlichen oder familiären Tätigkeiten“. In Erwägungsgrund 18 der Verordnung heißt es hierzu, dass diese „somit ohne Bezug zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit“ vorgenommen werden muss. Daher schadet jede Monetarisierung durch den Anwender, auch wenn die erlangten wirtschaftlichen Vorteile nicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck der Tätigkeit sind.
Rechts ist eine Auswahl von Social-Media-Plattformen. Wählen Sie die Plattform aus, auf der Sie Ihr Forum erstellt haben, bzw. erstellen möchten, zu dem Sie eine rechtliche Ersteinschätzung erhalten wollen. Aufgrund der Auswahl der Social-Media-Plattform können bereits Voreinstellungen getroffen werden. Dies erleichtert Ihnen die Beantwortung der nachfolgenden Fragen.
Dieses Programm erlaubt lediglich eine erste, vorläufige Orientierung hinsichtlich der Rechtslage, die sich zudem auf eine isolierte Rechtsfrage beschränkt. Es kann eine Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen. Die Verantwortung für rechtskonformes Verhalten obliegt – unabhängig von dem angezeigten Ergebnis – ausschließlich dem Verwender.
Das INWEND-Projekt untersuchte, inwieweit neue Methoden der Künstlichen Intelligenz alltägliche Entscheidungsprozesse im Datenschutzrecht unterstützen können. Hierzu wurde in Form einer Pilotstudie ein wissensbasiertes System konzipiert und prototypisch umgesetzt, das in der Lage ist, in einem eingeschränkten Teilbereich des Rechtsgebiets zu spezifischen Fragestellungen geeignete datenschutzrechtliche Empfehlungen abzugeben. Das Vorhaben (Förderkennzeichen 01UG1920) wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Center for Informatics Research and Technology (CIRT)
Professur für Wirtschaftsinformatik II,
Künstliche Intelligenz und Intelligente Informationssysteme (WI2)
Institut für Recht und Digitalisierung Trier (IRDT)
Professur für Zivilrecht, insbesondere Recht der Informationsgesellschaft und des Geistigen Eigentums